Sprachförderung per Erlass oder Sprachtherapie auf Rezept?

Experten diskutieren Missverständnisse bei der Unterstützung sprachauffälliger Kinder. Wissenschaftliches Symposium der akademischen Sprachtherapeuten in Gelsenkirchen.

 

Am 2. und 3. Februar fand das 8. wissenschaftliche Symposium des dbs große Resonanz. Über 400 Telnehmer waren nach Gelsenkirchen gekommen und sollten in ihren Erwartungen nicht enttäuscht werden. Unter dem Thema „Früh genug – aber wie? Sprachförderung per Erlass oder Sprachtherapie auf Rezept?“ fand eine Auseinandersetzung mit strukturellen und inhaltlichen Aspekten von Sprachförderkonzepten in Deutschland als (un-)mögliche Alternative zur Sprachtherapie bei Sprachentwicklungsstörungen statt. 11 Vorträge von Experten ihres Fachgebietes, darunter auch der Neuropsychologe Dr. Matthias Brand von der Universität Bielefeld, die Potsdamer Professorin für Sprachwissenschaft und Sprachpathologie, Dr. Christina Kauschke, die Professoren für Sprachbehindertenpädagogik, Dr. Monika Rothweiler, Dr. Hans-Joachim Motsch und Dr. Christian Glück sowie der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), Prof. Dr. Harald Bode und Experten aus der sprachheilschulischen Praxis, wie Dr. Reiner Bahr und Theo Borbonus, widmeten sich den biologischen Grundlagen von Sprachentwicklungsstörungen, Lernen und Gedächtnis sowie den Fragen, welche Kinder Sprachtherapie brauchen, wie sie definiert sind und unter welchen Bedingungen Sprachtherapie oder Sprachförderung Kindern nützt. Es ist wohl erstmalig in Deutschland, dass Wissen und Restfragen zur Problematik „Sprachförderung vs. Sprachtherapie“ so umfassend an einem Ort zusammen getragen wurden, wie am vergangenen Wochenende in Gelsenkirchen.

An der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Prof. Bode und Herrn Dr. Rupiper als einem weiteren Vertreter der Kinderärzte, auch die Präsidentin des dbl, Dr. Monika Rausch, der Vorsitzende des Landesverbandes NRW der Eltern sprachbehinderter Kinder und Jugendlicher, Herr Rolf Hameister, der Vorsitzende der dgs, Gerhard Zupp, Holger Köppen, Referent für Heilmittel des IKK-Bundesverbandes sowie für den gastgebenden dbs, Dr. Volker Maihack teil.  

 

Die lebhafte Diskussion, an der sich auch das Publikum zum Teil aufgebracht beteiligte, ließ keinen Zweifel mehr an den qualitativen Unterschieden der beiden Interventionsformen und deckte einmal mehr die organisatorischen Hürden zwischen Gesundheits- und Bildungswesen auf. Die oberflächlich konzipierten Lehrgänge zur Schulung von Personal für Sprachstandserhebungen und Sprachfördermaßnahmen in NRW ebenso wie die bundesweit unbefriedigende Qualität der Maßnahmen selbst, lösten Empörung aus. Aber auch innerhalb des Gesundheitswesens wurden die Kommunikationsschwierigkeiten benannt. Hier fand der dbs-Vorsitzende Volker Maihack deutliche Worte, wenn er die Verordnungszurückhaltung mancher Kinderärzte aus Angst vor befürchteten Regressen kritisch hinterfragte. Immerhin sollen mangelnde Kenntnisnahme oder willkürliche Interpretation des sprachtherapeutischen Fachwissens auf der Seite der Ärzte bald der Vergangenheit angehören – Referenten und dbs planen die Erarbeitung gemeinsamer „Leitlinien Sprachentwicklungsstörungen“, mit dem Ziel der Anerkennung durch alle betroffenen Fachgesellschaften und Verbände. Großer Applaus am Ende für ein von Fr. Dr. Ulrike de Langen-Müller, der dbs Referentin für Wissenschaft und Öffentlichkeit, perfekt strukturiertes und hervorragend besetztes Programm.  

 

dbs-Mitgliederversammlung wählt (neuen) dbs-Vorstand  

 

In der anschließenden Mitgliederversammlung des dbs wurde der alte Vorstand mit großer Zustimmung wiedergewählt. Mit einer wesentlichen Neuerung allerdings: die Nachfolge der 2. Bundesvorsitzenden, Dr. Susanne Voigt-Zimmermann, die nicht mehr kandidierte, tritt die Hochschuldozentin Dr. Martina Hielscher-Fastabend, 2. Vorsitzende des BKL, an.  

 

Die ausführlichen Berichte zum Symposium und zur Mitgliederversammlung finden Sie in der Sprachheilarbeit 2/07.

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