28.11.2024
Nachdem in der Physio- und Ergotherapie in den letzten Monaten die Möglichkeit einer Blankoverordnung eingeführt worden ist, stellt sich die Frage, ob auch die Logopädie/Sprachtherapie von einer Blankoverordnung profitieren würde?
Bei der neu eingeführten Blankoverordnung z.B. in der Physiotherapie bestimmen Physiotherapeut:innen das Heilmittel, die Menge und die Frequenz der Behandlung für einige ausgewählte Indikationen selbst und übernimmt dafür auch die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit.
Für die Behandlungseinheiten, die über eine zuvor festgelegte Menge hinaus erbracht werden, ist ein Vergütungsabschlag in Höhe von 9 % vereinbart worden, der eine unverhältnismäßige Mengenausweitung je Versicherten vermeiden soll. Dieser Abschlag wird unmittelbar im Abrechnungsverfahren durch die Krankenkasse bei der Auszahlung der Vergütung umgesetzt.
Dafür sind neue Leistungen eingeführt worden, z.B. die physiotherapeutische Diagnostik und die sog. Bedarfsdiagnostik.
Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass im Bereich der Logopädie die neuen Diagnostikleistungen schon längst vereinbart worden sind und seit Jahren zum Behandlungsstandard bei allen Indikationen gehören. Anders als in der Physio- oder Ergotherapie stehen nicht vielfältige Heilmittel oder Methoden mit unterschiedlicher Vergütung zur Auswahl. Über 80 Prozent der Verordnungen sind in der Logopädie/Sprachtherapie mit 10 Therapieeinheiten à 45 Minuten - meistens in der Frequenz 1- bis 3-mal pro Woche ausgestellt, ohne dass durch Ärzt:innen Methoden verordnet werden müssen.
Für die Blankoverordnung in der Sprachtherapie könnte sprechen, dass mehr 60 Minuten Therapieeinheiten ohne Rücksprache mit dem Arzt durch Therapeut:innen veranlasst werden könnten, natürlich nur, sofern dies therapeutisch indiziert ist. Hierbei ist aber zu beachten, dass positive wirtschaftliche Auswirkungen ausbleiben, da die Minutenwerte für die Leistungen 45- oder 60-Minuten identisch sind. Gleichwohl würden mehr 60-minütige Verordnungen über einer festgelegten Grenze hinaus sicher zu einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und zu Vergütungsabschlägen führen.
Vielleicht könnte die Blankoverordnung aber dazu führen, dass Absetzungen vermieden werden können? Zu den häufigsten Fehlern, die zu Absetzungen führen, gehört die fehlende Arztunterschrift und die Überschreitung des Behandlungsbeginns. Beide Voraussetzungen sind aber auch für die Blankoverordnung ein notwendiger Bestandteil. Es ist also auch keine große Entlastung bei den aktuellen Absetzungen zu erwarten.
Fazit: Die Blankoverordnung hat im Bereich der Physio- und Ergotherapie zu deutlichen Verbesserungen bei der Leistungserbringung geführt.
Für die Logopädie/Sprachtherapie wären die Verbesserungen nur marginal. Sie würde aber mit Nachteilen wie z.B. die Übernahme der Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit einhergehen.
Wir sind uns sicher, dass das übergeordnete Ziel – der Direktzugang zur Logopädie/Sprachtherapie - durch die Scheinlösung der Blankoverordnung, politisch ausgebremst wird. Unser Ziel bleibt die Reform der Ausbildung hin zu einem einheitlichen akademischen Berufsbild. Für die daraus resultierende erweiterte Versorgungsverantwortung im Direktzugang ist es dann auch angemessen, die wirtschaftliche Verantwortung zu tragen. Die Blankoverordnungen würde bei nur geringen Vorteilen in eine berufspolitische Sackgasse führen.
An dieser Stelle können Betroffene oder interessierte Eltern bzw. Angehörige von sprach- und sprechgestörten Menschen Sprachtherapeut:innen in ihrer Nähe finden.
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